Standpunkte unserer Gemeinderät:innen
Schluss mit der Männerdiskriminierung bei der Teilzeitarbeit
Standpunkt von Gabi Fürrer
Manche Menschen meinen, wer in Teilzeit einer Erwerbsarbeit nachgehe, arbeite weniger als jemand, der für seine Arbeit zu 100% bezahlt werde. Zeit, mit diesem Mythos aufzuräumen. Arbeit umfasst nicht nur Tätigkeiten, die Lohn einbringen. Ein erheblicher Teil der Arbeit in der Schweiz wird unbezahlt verrichtet. Der Wert der unbezahlten Arbeit in der Schweiz ist um ein Vielfaches höher als der Wert der bezahlten Arbeit. 2020 entsprach die Summe der in der Schweiz geleisteten unbezahlten Arbeit 434 Milliarden Franken. Besonders viel unbezahlte Arbeit leisten Eltern mit kleinen Kindern und Personen über 50. Damit erbringen Sie dem Staat, der sich reproduzieren muss, einen grossen Dienst. Im Erwerbsberuf Teilzeit zu arbeiten heisst, neben der bezahlten auch einiges an unbezahlter Arbeit zu verrichten und so zum Wohlergehen der Familien, der Menschen im Umfeld und des Staates (Vereine, Politik, Hilfsorganisationen, Feuerwehr) beizutragen. Es heisst auch, bereit zu sein, sein Einkommen zugunsten eines unbezahlten Beitrags ans Funktionieren der Gesellschaft zu reduzieren.
Unbezahlte Arbeit wird in der Schweiz mehrheitlich von Frauen erbracht. Folglich arbeiten Frauen durchschnittlich in geringeren Erwerbsarbeitspensen als Männer. Dieses Ungleichgewicht muss behoben werden. Männer dürfen im Bereich der unbezahlten Arbeit nicht diskriminiert werden. Genau wie Frauen haben sie das Recht und die Pflicht, sich um ihre Kinder und ihr Umfeld zu kümmern. Familien- und Nachbarschaftserfahrung darf ihnen nicht vorenthalten werden. Eine stabile Beziehung zu den eigenen Kindern ist auch bei einer allfälligen späteren Trennung sehr wichtig. Immer mehr junge Männer sehen diese Chance und übernehmen ihren Anteil an unbezahlter Arbeit in der Partnerschaft. Eine erfreuliche Entwicklung!
Frauen hingegen müssen stärker in den Bereich der bezahlten Arbeit vordringen. Sie sollen in gleichen Prozenten wie ihre Partner arbeiten können, den gleichen Lohn und die gleichen Aufstiegschancen erhalten, sich in gleichem Mass finanziell absichern können. Ihren Anteil an unbezahlter Arbeit müssen sie reduzieren. Das gebietet allein schon das neue Scheidungsrecht.
Gelöst wird dieses Ungleichgewicht durch Teilzeitarbeitsmöglichkeiten verstärkt auch für Männer. Laut KMU Handbuch Beruf und Familie (Bundesamt für Wirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeberverband) ist es wichtig, dass Unternehmen ihre Bereitschaft zu Teilzeitarbeit gerade auch im Kaderbereich signalisieren und den
Mitarbeitenden gemäss ihren aktuellen Lebensrealitäten (kleine Kinder? Pflege von Angehörigen?) entgegenkommen. Der Chef von Vodafone Deutschland weist darauf hin, dass Führungskräfte mit Familie hier auch Vorbilder sein müssen und mit dem Klischee aufräumen, dass eine Reduktion zugunsten der Familienarbeit unmännlich sei. Eine Analyse des liberalen Thinktanks Avenir Suisse führt aus, dass es wichtig ist, die Teilzeitarbeit nicht als «atypische Arbeitsform» zu verhindern und dass der Begriff Vollzeit schlussendlich willkürlich gesetzt ist. Die Analyse zeigt auch auf, dass die gesellschaftliche Entwicklung in Richtung